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Im Rahmen der Ausbildung zum Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleiter wurde viel über die Vergänglichkeit des Lebens, das Sterben und den Tod aufgegriffen. Ich verstehe nur zu gut, dass sich nicht jeder damit wohlfühlt und das Thema gerne weit von sich wegschieben möchte. Auf der anderen Seite bemerke in meinem Freundeskreis, wir gehören fast alle zur Generation der Babyboomer, ein langsames Erwachen des Bewusstseins, dass die Zeit, die vor uns liegt, weit kürzer ist als die Zeit, die wir bereits hinter uns haben. Da ist viel Wehmut dabei, obwohl es uns eigentlich gut geht. Einige unserer Freunde oder Bekannten hatten nicht so viel Glück und umso mehr genießen wir das Leben und schmieden Pläne für die Zukunft. Meist ist das die nächste Reise, eventuell ein neues Auto oder eine notwendige Sanierung der Wohnung. Und manchmal schleichen sich Überlegungen ein, die bewusste Frage: „Was ist in zehn Jahren? Wird es für mich zu beschwerlich, für eine Urlaubsreise den halben Globus zu umrunden? Bin ich überhaupt noch in der Lage, verantwortungsvoll, sicher und geistig rege mit meinem Auto unterwegs zu sein? Und sollte ich darüber nachdenken, ob das Schlafzimmer im Obergeschoss wirklich die Ideallösung ist?“ Tja, so haben sich die Themen verändert, über die wir bei unseren geselligen Treffen sprechen.

Zurzeit tauchen die Begriffe Patientenverfügung und Vertretungsvollmacht in unseren Gesprächsrunden auf. Obwohl die beiden oft im selben Atemzug genannt werden, haben sie völlig unterschiedliche Funktionen. Aber kaum einer von uns hat die Angelegenheit bereits zu Ende gedacht und eine oder sogar beide dieser rechtlich bindenden Dokumente verfasst und hinterlegt. Auch ich kann mich hier nicht ausnehmen, obwohl ich es durch meinen Kurs eigentlich besser wissen sollte.

Ich erinnere mich an den Vortrag eines Juristen im Rahmen der Ausbildung: Wenn ich nicht mehr entscheiden kann – Erwachsenenschutzgesetz, Patientenverfügung und Vertretungsvollmacht. Zugegeben, Zuhörer, denen Juristendeutsch vertraut ist, konnten dem Vortrag viel leichter folgen als jene, die damit nicht so oft zu tun haben. Aber so schwierig ist es gar nicht, die beiden Dokumente und ihre Bedeutung auseinanderzuhalten.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem festgelegt wird, welche medizinischen Behandlungen man sich im Ernstfall wünscht und vor allem, welche medizinischen Behandlungen man ablehnt und auf keinen Fall möchte. Im Vorhinein entscheidet man, was geschehen soll, wenn man durch einen Unfall oder ernsthafte Erkrankung nicht in der Lage ist, seine Wünsche zu äußern. In einer Patientenverfügung kann ich festlegen, ob ich lebenserhaltende Maßnahmen wie künstliche Beatmung oder Ernährung haben möchte oder nicht. Diese Wünsche müssen klar und deutlich formuliert sein, damit Ärzte und auch Angehörige im Notfall wissen, was zu tun ist. Eine Patientenverfügung ist acht Jahre lang gültig, wenn man selbst keine kürzere Frist bestimmt. Sie kann jederzeit erneuert, ergänzt oder geändert werden. Bei einer Ergänzung oder Änderung beginnt die Frist von acht Jahren neu zu laufen. Die Patientenverfügung kann darüber hinaus jederzeit widerrufen werden. Es gibt Vordrucke für Patientenverfügungen, die einem die Formulierung der eigenen Wünsche wesentlich erleichtern. Zudem empfiehlt es sich, die Patientenverfügung beim Hausarzt zu hinterlegen. Ein Patientenverfügungsregister gibt es in Österreich zwar nicht, aber zukünftig soll die Patientenverfügung in der elektronischen Gesundheitsakte abrufbar sein.

Meine Tochter hat kurz vor ihrem Tod eine Patientenverfügung ausgefüllt. Sie war dazu bei ihrer Ärztin, die bestätigte, dass ihre Entscheidungen klar und nachvollziehbar nach ausführlichen Gesprächen mit ihren Onkologen getroffen worden sind. Sie bestätigt weiter, dass „….Frau Magnet, geistig in allen Richtungen orientiert und kompetent, sich sehr differenziert mit ihrer Erkrankung und deren Symptomen auseinandersetzt“. Kathi wollte explizit keine Ganzhirnbestrahlung, lehnte diese entschieden ab. Kurative und palliative Begleitung würde sie hingegen gerne in Anspruch nehmen.

Vertretungsvollmacht

Eine Vertretungsvollmacht ist ein Dokument, in dem du einer anderen Person das Recht gibst, in deinem Nahmen Entscheidungen zu treffen, wenn du dazu selbst nicht mehr in der Lage bist. Diese Person wird als „Bevollmächtigter“ bezeichnet. Mit einer Vertretungsvollmacht kannst du sicherstellen, dass jemand, dem du vertraust, deine Interessen oder Wünsche vertritt. Diese Person kann dann Entscheidungen über medizinische Behandlungen, aber auch über andere wichtige Angelegenheiten treffen, wie zum Beispiel rechtliche und finanzielle Fragen.

Beide Dokumente sind wichtig, um sicherzustellen, dass deine Wünsche respektiert werden und du die Unterstützung bekommst, die du dir für dich wünschst. Eigentlich ist es nie zu früh, sich damit auseinanderzusetzen. Natürlich ist beides mit Kosten verbunden, eine Vertretungsvollmacht schlägt sich mit 580 Euro zu Buche, eine Patientenverfügung mit etwa 150 Euro. Aber ich denke, es ist gut investiertes Geld und lässt dich ein wenig entspannter in die Zukunft blicken und die nächste Reise planen.

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